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Tages Anzeiger, 10.10.2014 |
Von Susanne Kübler |
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Falsche und echte Tränen |
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Jonas Kaufmann auf CD |
Schöne weisse Zähne, im Aug’ die falsche Träne und im Herzen
Sägespäne: Das hat nicht nur das «Diwanpüppchen», das in der
Operette «Die Blume von Hawaii» besungen wird, sondern auch die
Geliebte des Sängers. Sie zerrt an seinen Nerven, trotzdem hängt
er an ihr, und keiner kann das amouröse Dilemma so packend
besingen wie Jonas Kaufmann. Der 45-Jährige hat sich auf «Du
bist die Welt für mich» (Sony) dem alten deutschen
Operettenschlager verschrieben und hält seinen dunklen Tenor
exakt auf der Grenze zwischen Schmelz und Schmalz, zwischen
Ironie und der unschuldigen Ernsthaftigkeit jener Lieder, die
damals um die Welt gingen. Das von Jochen Rieder dirigierte
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin steuert klangliche Patina und
rhythmischen Swing bei. Und das Vergnügen, mit dem alle
Beteiligten bei der Sache sind, ist nicht zu überhören.
Ganz anders ist der Ton in Kaufmanns erster, ebenfalls sehr
textbezogen und überlegt gestalteter Aufnahme von Schuberts
«Winterreise» (Sony). Zwischendrin macht sich da der Druck
bemerkbar, etwas Eigenes zu vermitteln. Kaufmann tut das als
Heldentenor, mit einem für diese Musik überraschend kraftvollen
Timbre. Aber dann wieder findet er zu berührender Intensität:
Falsche Tränen gibts hier nicht. (suk)
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