Bühne 7/8, 2014
(pb)
 
Dekorative Szene, expressive Musik
DON CARLO. Verdis Oper liegt als Mitschnitt der Salzburger Festspiele 2013 auf zwei DVDs vor.
Möglich, dass genau das zum Konzept gehörte, die auffallend große Diskrepanz zwischen dem, was sich im Orchestergraben ereignete, und dem Geschehen auf der Bühne. Denn während Antonio Pappano und die Wiener Philharmoniker der Musik zu Verdis Don Carlo - man spielte in Salzburg 2013 eine fünfaktige italienische Version ohne Ballett - nichts an emotionaler Dringlichkeit
schuldig blieben, begnügte sich Peter Steins Regie in der spartanisch-surrealen, entfernt an Bilder de Chiricos gemahnenden Ausstattung Ferdinand Wögerbauers mit dekorativen Arrangements.

Das steife spanische Zeremoniell kann dafür als Begründung wohl kaum herhalten, denn dieses hätte den Hofdamen sicher nicht erlaubt, ein so ausgelassenes Fußbad in einem der Gartenbassins zu nehmen, wie sie es hier zu Beginn des zweiten Akts tun. Es scheint eher so, dass die Kreativität Peter Steins nicht mehr ganz so üppig sprießt wie zu jener Zeit, als er an der Berliner Schaubühne Theatergeschichte schrieb.

Was den DVD-Mitschnitt dennoch zum Ereignis macht, sind Jonas Kaufmann in der Titelpartie und Anja Harteros als Elisabetta. Besser kann man dieses unglückliche Liebespaar, das die Staatsräson und ein verblendeter König zu Stiefsohn und Stiefmutter macht, heute nicht besetzen. Anja Harteros strahlt Wärme, zugleich aber auch Strenge aus, vor allem sich selbst gegenüber. Ihr Leiden weiß sie in wundervolle Kantilenen mit reichen vokalen Schattierungen zu kleiden, während Jonas Kaufmann das seine ostentativer zur Schau stellt, mitunter sogar mit zerbrechlich wirkenden Tönen, jedoch stets mit einer Intensität, die unter die Haut geht. Ekaterina Semenchuks Eboli geizt nicht mit vokaler dramatischer Attacke, zu der Matti Salminen als Filippo II. nur noch in Ansätzen fähig ist. Auch Thomas Hampsons Bariton klingt in diesem Mitschnitt nicht ganz mühelos. Doch jeder Zoll ein Künstler rundet er den Freiheitskämpfer Posa zu einem Idealisten, der mitunter über den Idealen den Menschen vergisst. (pb)






 
 
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