Also es gibt (für mich) ja nur wenige objektive Gründe, so einen Readers
Digest Verschnitt an Populärem und Superpopulärem mit sogenannten Stars
mögen zu sollen. Die übliche Mischung aus Tosca, Carmen und Land des
Lächelns wird in diesem Mitschnitt ja gar um Highlights aus Tannhäuser,
Mefistofele, Faust, Otello, Un ballo in maschera, Cavalleria rusticana,
Adrianna Lecouvreur, Don Carlo und L‘amico Fritz ergänzt, um sich final
auf Fiddler on the Roof und Nino Rota zu stürzen. Künstlerisch ist ein
solches Pasticcio oder musikalisches Restlessen sowieso höchst
fragwürdig. Jetzt wollen wir einmal sehen und hören, ob die sängerischen
Leistungen die nähere Befassung lohnen?
Die in türkisblau
gewandete Anja Harteros beginnt mit einer noch recht steif vorgetragenen
Einsingübung namens Hallenarie. Allerdings steigert sich Harteros immens
und singt wirklich mustergültig „Morró, ma prima grazia“ aus Verdis
Maskenball. Dass ihr Verdi besser als Wagner liegt, zeigt Harteros auch
im Duett aus Otello, das sie mit Jonas Kaufmann bestreitet. Kaufmann
stellt sich hier in einer Rolle vor, die er bald an der Covent Garden
Oper in London zu singen gedenkt. Und dieser Tenor ist es auch, der das
Konzert mitunter zum Ereignis werden lässt. Schon sein Auftritt mit „E
lucevan le stelle“ aus dem dritten Akt Tosca zeigt ihn in absoluter
Bestform, mit berückenden Piani, einer unglaublichen Intensität des
Vortrags und eben jenem gewissen Etwas, das gerade eine Puccini-Oper zu
einer unvergesslichen Sache werden lässt.
Weniger berauschend
ist die Tatsache, dass als Mezzo mit Ekaterina Gubanova ein kurzer,
nicht wirklich dramatischer Mezzo engagiert worden ist, die zwar mit
einer sehr schön timbrierten Mittellage aufwarten kann, aber weder in
den oberen noch unteren Registern memorable Eindrücke hinterlässt. Das
ist mir aber immer noch lieber als der schon arg abgesungene, schlimm
tremolierende Bassbariton von Bryn Terfel. Terfel ist zweifelsohne von
der Bühnenpräsenz und dem schauspielerischen Talent her der
bemerkenswerteste aus der Quadriga. Ihn rettet als Bösewicht vom Dienst
eben genau dieses unwiderstehliche Augendrehen als Mefisto oder Scarpia,
das zwar knapp an der Parodie entlangschrammt, aber eben dennoch in der
Nahaufnahme Eindruck schindet. Die einst mächtige Stimme bröselt vor
allem in der unteren Mittellage bedenklich, stilistisch war Terfel ja
schon immer auf der gröberen Seite. Das kann man mögen, ich muss das
wirklich nicht haben.
Ekaterina Gubanova müht sich als Santuzza
im Duett mit Kaufmann und Dramatik, unterliegt aber vokal recht rasch.
Für die Fürstin Boullion in Cileas Adriana Lecouvreur fehlt ihr die
ausladende Tiefe und die nötige Stimmgewalt. Wer die Cossotto oder die
Obrasztsova in dieser Rolle im Ohr hat, wird wohl so wie ich ziemlich
enttäuscht gewesen sein. Zumal ihr mit Jonas Kaufmann ein Maurizio in
Bestform zur Seite stand, der den besten Rollenvertretern auf Augenhöhe
begegnen kann.
Bei den Ausschnitten aus Don Carlo mit der
Philipp-Arie von Terfel und Ebolis „O don fatale“ ragt nur die
stilistisch vollendete Arie der Elisabetta „Tu che le vanitá conoscesti
del mondo“ der Anja Harteros hervor. Diese Sängerin ist es auch, die mit
der Rarität „Son Pochi fiori“ aus Mascagnis „L‘amico Fritz“ ein wenig
aus dem Wunschkonzert-Allerlei ausbricht.
Im Zugabenteil singt
Kaufmann noch die Schnulze „Parla piu piano“ von Nino Rota , bevor sich
die drei in ein wüst als Trio zurechtgezimmertes „Dein ist mein ganzes
Herz“ aus Franz Lehars „Land des Lächelns“ stürzen.
Die Badische
Staatskapelle unter Marco Armiliato begleitet so gut es in einem solchen
Rahmen eben geht. Das Publikum ist es zufrieden und tobt vor
Begeisterung, wie auch bei solchen Anlässen gang und gäbe. Ganz humorig
ist es zu beobachten, wie die Künstler hinter den Kulissen miteinander
umgehen und blödeln.
Wem vor solchen Konzerten nicht von
vornherein aus Langweile das Gähnen kommt, also seinen oder ihren
Liebling in dem Konzert noch dazu mit der einen oder andern
Rollenrarität hören möchte und dies in akustisch optimaler Form, der
kann ja – Technik sei Dank – die etwas unliebsameren Tracks noch immer
überspringen. Kaufmann und Harteros bieten ja doch einiges, was das
Opernherz durchaus höher schlagen lassen kann.
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