Neue Zürcher Zeitung, 10.4.2015
 
Strippenzieher in «Ariadne auf Naxos»
tsr. Die Oper «Ariadne auf Naxos» von Richard Strauss wird meistens in der überarbeiteten Fassung von 1916 gezeigt. Nicht so bei den Salzburger Festspielen 2012, die damals zum ersten Mal unter der Intendanz von Alexander Pereira stattfanden. Dort wurde die Urfassung von 1912 angekündigt, bei der vor der eigentlichen Oper das mit Balletteinlagen versehene Schauspiel «Der Bürger als Edelmann» von Molière gezeigt wird. In Salzburg ist daraus eine Neufassung entstanden, die der Regisseur Sven-Eric Bechtolf verfasst hat. Die entscheidende Neuerung: Als Rahmenhandlung gibt es eine Liebesgeschichte zwischen Hofmannsthal und seiner umworbenen Gräfin Ottonie von Degenfeld-Schonburg. In der Opernhandlung findet sie eine Parallele in der aufkeimenden Liebe zwischen Ariadne und dem Gott Bacchus. Der Bühnenbildner Rolf Glittenberg lässt Ariadne in einem Salontheater spielen, in dem die Personen des Molièreschen Schauspiels, allen voran der tölpelhafte «Edelmann» Monsieur Jourdain, als Zuschauer sitzen – während Hofmannsthal und Ottonie sogar in die Handlung eingreifen. Emily Magee gibt die Ariadne mit grosser Stimme als reife, trauernde und doch liebesbereite Frau. Jonas Kaufmann als Bacchus ist ein Naturbursche im Leopardenfell, der mit seinem Tenor berückt. Und Elena Moşuc bringt ihre Männer mit atemberaubendem Koloratursopran und weiblichen Reizen um den Verstand. Die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Daniel Harding schälen die musikalischen Unterschiede zwischen den tragischen und den komischen Elementen plastisch heraus.






 
 
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