WAZ, 03.11.2015
 
Eine „Aida“ mit Jonas Kaufmann im Zentrum
Irren wir nicht, ist es einmalig in der Geschichte der vielen „Aida“-Gesamtaufnahmen für den Weltmarkt, dass beide Hauptrollen mit deutschen Sängern besetzt sind.

Gleichviel: Es bat der wundervolle, in seinen Opern-Dirigaten plastisches Musizieren nie mit oberflächlicher Theatermalerei verwechselnde Antonio Pappano für diese „Aida“-Aufnahme Jonas Kaufmann als Radames und die aus dem Bergischen Land stammende Anja Harteros in Roms Parco della Musica.

Ein Coup für die Akustik ist die Wahl des Riesensaals mit seinen fast 3000 Plätzen allemal. Pappano arbeitet in äußerst raffinierter Staffelung mit Klängen aus Ferne und Nähe, das Martialische des Kriegszustandes im Alten Ägypten schärfte er gar, indem er Bläser einer staatlichen Polizeikapelle rekrutierte.

Detailversessener Ehrgeiz

Zwei Helden hat die Neuaufnahme: Kaufmann, der nicht nur, (auf Bergonzis Spuren) durch eine überwältigend schöne Umsetzung seiner Auftrittsarie „Celeste Aida“ besticht, da er das hohe B per „Diminuendo“ (also langsam verschwindend) Verdi-gerecht poetisiert. Kaufmann ersingt Abgründe der gefürchteten Partie, selbstlos leidenschaftlich wie Jon Vickers, nur weniger gefährdet. Der andere Held ist Pappano, der der unter seiner Ägide endlich wieder glänzenden Accademia di Santa Cecilia eine subtil-feinnervigen, zugleich hochgespannte Klangexotik abringt: Referenzklasse.

Anja Harteros darf man nicht mit legendären Verdi-Heroinen (Price etwa) vergleichen. Sie unterläge. Die intimen Szenen der Verzweiflung und Zerrissenheit glücken umso schöner. Ludovic Teziers Amonasro fehlt trotz schöner Farben der Furor (man denke an Metternich, Warren, Bastianini) des rasenden Vatertiers. Ekaterina Semenchuk hat Stärken eher im oberen Register.

Die angekündigte Sensation lässt sich also kaum für alle Partien bestätigen. Unseren Respekt für den detailversessenen Ehrgeiz dieser Deutung schwächt das wenig.






 
 
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