Klassik.com, 23.07.2006
Christiane Bayer

Kräftige Farben
Strauss, Richard: Lieder
Label: harmonia mundi , VÖ: 21.07.2006
Jonas Kaufmann singt Richard Strauss: mit dieser erfolgversprechenden Kombination legt der Münchner Tenor seine erste Solo-CD beim Label harmonia mundi vor. Eigentlich dürfte nichts schief gehen. Kaufmann hatte schließlich jahrelang bei Hans Hotter Gesangsunterricht, der als enger Freund von Richard Strauss dessen Werk treu bewahrt und als Lehrer an seine Schüler weitergibt. So ist es nur verständlich, dass sich Kaufmann dem Schaffen von Strauss auf ganz besondere Weise verpflichtet fühlt. Seit Jahren steht deshalb der streitbare Komponist weit oben in seinem Repertoire, und er konnte einige seiner größten Erfolge mit Strauss-Opern und Liederabenden in Edinburgh, Zürich und München feiern.

Kaufmann hat sich für die vorliegende CD die absoluten Klassiker unter den Strauss-Lieder herausgesucht, die auf keinem Programm fehlen dürfen: „Zueignung“, “Befreit“, „Ruhe, meine Seele“, „Cäcilie“, „Heimliche Aufforderung“ und natürlich das unverwüstliche „Morgen!“. Aber auch weniger oft gehörte Stücke, wie „Ach weh mir unglückhaftem Mann“ und „Die Frauen sind oft fromm und still“ finden sich darunter. Man kann also noch einige interessante Entdeckungen machen.

Die Lieder spiegeln die ganze Bandbreite des Strauss'schen Liedschaffens wider. Über 200 schrieb er insgesamt. Allein 187 liegen mit Klavierbegleitung in der Gesamtausgabe vor. Hinzu kommen unzählige Orchesterbearbeitungen. Erst nachdem er mit „Salome“ seinen Durchbruch an der Oper feiern konnte, trat seine Liedproduktion in den Hintergrund. Seine Lieblingsinterpretin war ihm seine Frau Pauline, die eine renommierte Sopranistin war. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er viele seiner Stücke eigens seiner Frau auf den Leib schrieb. Dagegen hatte Strauss nie viel für Tenöre übrig. Er nannte sie eine „Krankheit“ und hasste sie aufs inständigste. Trotzdem schrieb er ihnen einige der schönsten Melodien, die ihre Wirkung beim Publikum auch heute nie verfehlen, und für die jeder Sänger dankbar sein dürfte.

Kaufmann nähert sich Strauss mit viel Elan und Energie. Sein dunkles, kräftiges Timbre überdeckt häufig die feineren Nuancen, doch ist seine Kraft sehr beeindruckend. Mühelos stemmt er weite Bögen, ohne an seine Grenzen zu kommen. Die Textverständlichkeit ist meistens gut, aber ab und zu könnten die Konsonanten noch pointierter artikuliert werden. Er glänzt besonders in dramatischen Passagen, in die er die ganze Wucht seiner Stimme hineinwerfen kann. Weniger überzeugend sind hingegen die zarten und leisen Stellen. „Seelisch sublimierte Empfindungen“ sucht man vergebens. Dafür sind seine Interpretationen viel zu plakativ. Auch ist er in den ihm zur Verfügung stehenden Klangfarben recht unflexibel. Er wechselt sie selten und wenn doch, dann ist es wenig subtil. Es fehlen ihm noch einige letzte Funken Eleganz, um rundum überzeugend zu sein. So malt Kaufmann lieber in kräftigen Farben, als feinzisilierte Miniaturen zu schaffen. Helmut Deutsch begleitet ihn solide und gut wenn auch nicht wirklich mitreißend.






 
 
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